Riedestraße Braunschweig

Riedestraße

Die Riedestraße liegt im südlichen Stadtgebiet Braunschweigs und verbindet die Böcklerstraße mit der Wolfenbüttler Straße in Fahrtrichtung Innenstadt.

Den Namen soll sie nach einem Bachlauf, einem kleinen Nebenfluss der Oker namens Riede, haben, der gemäß des ehemaligen Stadtheimatpflegers Dr. Bornstedt vom nicht mehr vorhandenen „Lämmchenteich“ in der Nähe des Zuckerbergs abfloss.

Im Niederdeutschen steht „Riede“ für Bach oder kleiner Wasserlauf. In unserer Region gibt es einige Beispiele für entsprechende Wasserläufe: die Mittelriede in Braunschweig (Wabe/Schunter), die Riede (Oberlauf des Thiedebachs in Salzgitter Thiede), die Vollbüttler Riede (LK Gifhorn) und so weiter. Im Jahr 1889 entstanden als erstes die Häuser Nr. 3, 12, 13 und 14. Eigentümer waren, wie so häufig, selbstständige Handwerker.

Vier Jahre später waren die Grundstücke der Straße bebaut und die Häuser bezogen. Bewohner waren vom Arbeiter über den Zugführer bis zum Opernsänger ein Querschnitt durch die arbeitende Bevölkerung. Die Häuser wurden damals in relativ schneller Zeit hochgezogen und dann schnell vermietet, um keine finanziellen Einbußen zu erleiden. Arbeitskräfte waren billig im Verhältnis zum verbauten Material. So machte der Spruch: „Viele Hände, schnelles Ende“ einen ökonomischen Sinn.

Damals war durch die Industrialisierung ein starkes Anwachsen der Einwohner der Städte wie z.B. Berlin, welche sich von 1877 bis 1904 verdoppelten (von ca. 1 Mio. auf 2 Mio.), üblich. In Braunschweig geschah dies in kleinerem Rahmen, aber mit den gleichen Auswirkungen (von 1875 66.000 Einwohner zu 1905 136.000 Einwohner). Das sollte man den heutigen Stadtplanern mal erzählen, bei unseren Bauvorschriften völlig unmöglich. Gleichwohl entstanden so aus dem Boden gestampfte Stadtteile, in denen die Hinterhäuser und Innenhöfe nicht selten kaum oder gar keine Sonne sahen.

 

Riedestraße 1907: Die Bewohner posieren in zeittypischer Kleidung dem Fotografen.
2018 – die Eckgebäude links und rechts fehlen, ansonsten ist die Häusersubstanz noch da.

Das sogenannte „Trockenwohnen“ war in der Zeit um 1900 eine Möglichkeit für ärmere Bevölkerungsschichten, ein Dach über den Kopf zu bekommen und nur eine geringe oder keine Miete zu zahlen, allerdings oft auf Kosten der Gesundheit: Atemwegserkrankungen waren vorprogrammiert, da der damals verwendete Kalkmörtel noch circa drei Monate Wasser absonderte. Die „Trockenwohner“ sorgten mit ihrer Anwesenheit, ihrem Atem und dem Lüftungsverhalten dafür, dass der Mörtel schneller aushärtete und so die Wohnungen schneller regulär vermietet werden konnten, die Trockenwohner zogen dann in die nächste fertiggestellte Wohnung. Möbel hatten sie meist keine oder nur wenige, sodass der häufige Wechsel leichter zu bewerkstelligen war. Darunter waren auch die Arbeiter mit ihren Familien, die das Haus eben errichtet hatten. Es war eine Möglichkeit, in den explodierenden Städten der Obdachlosigkeit zu entgehen.

Auch Hans Fallada erwähnt in seinem 1953 erschienenen Roman „Ein Mann will nach oben“ die Situation von Trockenwohnern in den Berliner Neubaugebieten um die Wende zum 20. Jahrhundert.

Man sollte sich bewusst machen, dass das seinerzeit neu entstehende östliche Ringgebiet oder auch die Riedestraße, die Neubaugebiete waren, so wie heute die Neu- und Umbauten am Botanischen Garten, Buchlers Garten, Leonhards Garten oder die neue Nordstadt. Das erscheint uns heute nostalgisch, war damals der letzte Schrei. Funktional und modern mit Elektrik, Licht und fließend Wasser, mit Toilette und heizbaren Räumen. Noch nicht mit schnellem Internet, intelligenter Haustechnik, Fotovoltaik und Dreifachverglasung. Geschichte wiederholt sich.

Die Riedestraße war und ist umschlossen von einem Gewerbegebiet, in dem heute verschiedene Firmen aktiv sind. Zur Zeit unserer Ansicht um 1907 war die größte Firma das Büssing-Werk. Heute ist es die Traditionsbrauerei Wolters (gegr. 1627 – an die Wolfenbüttler Straße gezogen 1876), zu Zeiten des Brauvorgangs riecht die Luft nach Hopfen und Maische, das ist nicht jedermanns Sache.

Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.

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