Prinzenweg Braunschweig

Prinzenweg

Der Prinzenweg ist eine unscheinbare kleine Verbindung zwischen der Güldenstraße und dem Wilhelmitorwall. Im letzten Abschnitt besteht er durch eine Fußgängerbrücke über den Neustadtmühlengraben. Vor 1858 sagte man „vor“ bzw. „am alten Michaelistor“, welches hier lag. Danach wurde der Weg „Prinzenwinkel“ genannt. Der Hintergrund dafür ist unbekannt. Es könnte sich um eine spöttische Volksbezeichnung handeln, da um die Ecke, in der Echternstraße, im Mittelalter der Prostitution nachgegangen wurde. In der Nähe lag ein zu Ehren des Prinzen Eugen (1663-1736 – österreichischer Feldherr-Held des großen Türkenkrieges – 1683-1693) benanntes Bollwerk, welches wahrscheinlich zur Namensgebung beitrug. Noch heute gibt es in Bad Oeynhausen, Elze, Einbeck und Eidinghausen namentliche Prinzenwinkel, allerdings auch hier ohne direkt beweisbaren Hintergrund. In den 1870er Jahren fand man den „Winkel“ nicht mehr standesgemäß und taufte ihn in Prinzenweg um (im Adressbuch von 1880 erstmalig so genannt). Einen solchen gibt es auch in Leipzig, die daneben liegenden Straßen heißen Zwergenweg, Froschkönigweg, Elfenweg sowie Däumlingsweg. Aber auch damit ist kein Hintergrund für Braunschweigs Prinzenweg zu schaffen! Die südlichen Häuser des Prinzenwegs lagen mit ihren Grundstücken direkt an der südlichen Stadtmauer. Noch heute kann man einen etwa 5 Meter hohen Mauerrest davon sehen – und einen Eindruck von der ältesten Stadtbefestigung bekommen. Es war eine Buntsandsteinmauer mit Türmen und einem davor liegendem schmalen Graben. Sie umfasste die Gesamtstadt. Initiiert wurde deren Bau durch Herzog Heinrich den Löwen und seinem Sohn Kaiser Otto IV. und erstreckte sich über das späte 12. und frühe 13. Jahrhundert Nach Einnahme der Stadt durch Herzog Rudolf August 1671 begann der Aufbau einer umfänglichen barocken Bastionsbefestigung, welche Anfang des 19. Jahrhundert abgerissen und zum begrünten Wallring umgestaltet wurde. Die einzige noch vollständig erhaltene Stadtmauer in Deutschland hat die Stadt Nördlingen (2008 – circa 19.000 Einwohner) in Bayern. Sie besitzt fünf Tore und zwölf Türme, die Länge der Wehranlage beträgt circa 2,7 Kilometer. Deren Errichtung geht auf das Jahr 1327 zurück. Kaiser Ludwig der Bayer wollte die Stadt aufgrund der Expansion mit einer neuen Mauer umgeben. Es wurde ein Umgeld, eine Getränkesteuer, zur Finanzierung erhoben. Außerdem wurden die Bürger zum Schachten und Graben herangezogen, circa 1400 war der Mauerring geschlossen. Sie können noch heute die Altstadt umwandern ohne einmal den Mauerring zu verlassen.

 

1907 – Prinzenweg Blickrichtung Wilhelmitorwall – das Elf-Apostel-Haus links. Auch damals gab es Druckfehler.
2018 – Idyllische kleine Straße. Links ein Platz zum Nachdenken.

Im Prinzenweg befand sich ein bekannter und historisch wertvoller dreigeschossiger Fachwerkbau, das im Volksmund sogenannte elf Apostelhaus. Ein Steffen Bartram erbaute es um 1560. 1660 kaufte das Haus der Bürgermeister der Altstadt Curd Döring. Dieser richtete 1610 hier ein Beginenhaus (Beginen – gläubige Frauen zwischen Laien und Klerus), die sogenannte Döringsche Stiftung ein. Witwen oder unverheiratete Frauen bewohnten den Konvent (Gläubige einer Gemeinschaft, die zusammen leben). Das Haus hatte zur Straßenseite in der zweiten Etage plastische bemalte gotische Figuren von elf Aposteln. Die Apostel waren die Jünger Jesus, und zahlenmäßig zwölf, wahrscheinlich wurde Judas, der Jesus an die Tempelpriester verraten hat, weggelassen. Die vorhandenen runden farbigen Glasscheiben und die Knaggenfiguren der Apostel sind erhalten geblieben und befinden sich heute im Städtischen Museum. 1936 wohnten im Haus nur noch drei Konventualinnen. Die Bomben des Zweiten Weltkriegs zerstörten das Gebäude. Nach dem Krieg blieb der Platz unbebaut und heißt heute Beginekenworth, hinweisend auf die ehemaligen Bewohnerinnen des Hauses. Aber es gibt in Deutschland ein noch stehendes 11 Apostelhaus, in der Stadt Tann in der Rhön (Osthessen), es wurde um 1500 ebenfalls als Fachwerkhaus errichtet und hat als wohl ältestes Bürgerhaus der Stadt die Zeiten überdauert. An seiner Fassade befinden sich halbplastische Schnitzfiguren von elf Aposteln. Hier sieht der Betrachter, dass es eigentlich Christus mit zehn Aposteln ist, der elfte ging im Laufe der Jahrhunderte verloren und befand sich wahrscheinlich am rechten Eckbalken. Dieses Haus stand vor einigen Jahren für Euro 77.000 zum Verkauf. Sie denken: Eigentlich billig für ein 295 m² Haus! Aber Fachwerk hat seine sanierungstechnischen Eigenheiten und da kann auch diese Summe schon zu viel sein.

Dieser Artikel ist ein Teil der Magazinreihe „Damals & heute“, herausgegeben von FUNKE Medien Niedersachsen GmbH. Text von Dirk Teckentrup – Ihr Immobilienmakler Braunschweig.

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